Tramping oder mehrtägige Wanderungen haben wir erst auf der Südinsel für uns entdeckt. Wie gut, dass wir zurück gekommen sind auf die Nordinsel, denn hier gibt es auch einige Hütten und gute Tracks. Unser erster Tramp auf der Nordinsel war der Holdsworth-Jumbo-Circuit.
Der Name des Tracks sagt schon das Wichtigste: Es ist ein Rundtrack, wir müssen also keinen Transport organisieren und der Track geht auf zwei Berge, Mt Holdsworth und Mt Jumbo. Los geht’s vom Holdsworth-Parkplatz, dort kann man sein Auto kostenlos stehen lassen und direkt nebendran ist auch ein 6 Dollar DOC-Campingplatz. Wir haben also am Abend vorher dort übernachtet um am nächsten Morgen relativ früh los laufen zu können.
Tag 1: Parkplatz zur Jumbo Hut
Zuerst ging es durch wunderschönen Wald. Mich haben besonders die „herbstlichen“ Veränderungen im Busch fasziniert. Überall leuchten Beeren und vereinzelt auch Pilze. Ansonsten habe ich bisher nicht gesehen, dass sich das Laub der Buchenwälder stark verfärbt.
Das erste Stück war ein gut ausgebauter Wanderweg mit leichten Steigungen und Gefällen. Es gab zahlreiche Brücken über kleinere Bäche – ich hatte das Gefühl jede Brücke ist anders gebaut. Als sei der Weg eine Ausstellung welche verschiedenen Materialien und Formen für eine Brücke benutzt werden können. ^^ Jonas hat die Brücken immer wieder für kleine Turnübungen benutzt – dieser Mann hat einfach zu viel Energie. ^^
Pünktlich zur Mittagszeit erreichten wir die erste Hut und machten erst mal Lunch-Pause. Die war auch nötig, denn danach… begann der eigentliche Tramp, begann der Aufstieg, begann der Schweiß. ^^ Zur Jumbo Hut ging es nur noch bergauf. Zum Teil sehr steil und fast ausschließlich über „natürliche Stufen“ = Wurzlen. Puh!
Auf diesem Aufstieg bin ich wirklich an meine Grenze gekommen. Als es dann auch noch immer nebliger wurde hatte ich auch ein Motivationsproblem – warum quäle ich mich da hoch, wenn eh keine Aussicht auf mich wartet?
Zum Schluss hat Jonas sogar ein Stück meinen Rucksack mitgetragen. Ich habe nur noch die Kamera selbst getragen – das wollte ich mir nicht nehmen lassen. ^^ Aber ja, wir mussten da durch, wir wollten da hoch und nach zahlreichen kleinen Pausen haben wir es auch geschafft!
Schnell rein, schnell Feuer machen! Nach dem Schwitzen wurde es schnell kalt. Wie gut, dass es eine von Jonas Lieblingsbeschäftigungen ist Feuer in einer Hut zu machen. ^^
Wir blieben allerdings nicht lange allein. Fast zeitgleich kamen zwei Wandergruppen an. Insgesamt sechs junge Erwachsene, alle aus Wellington bzw. ursprünglich aus den USA und Irland – immerhin ein „echter“ Kiwi war auch dabei. Wir haben bisher noch nicht häufig Gleichaltrige in Hütten getroffen – wir waren echt eine coole Gruppe und hatten viel Spaß beim gemeinsamen kochen, quatschen und Karten spielen.
Tag 2: Jumbo Hut zur Powell Hut
Der dichte Nebel hat sich den ganzen Abend nicht verzogen. Wir konnten gerade so bis zur Toilette sehen. ^^ Es war also schon besonders als ich mitten in der Nacht dieses stille Örtchen aufsuchen wollte und plötzlich unten Lichter leuchteten. Der Nebel hatte sich verzogen und wir konnten auf die Stadt blicken. Wunderschön! Für den nächsten Morgen habe ich mir einen Wecker gestellt um den Sonnenaufgang nicht zu verpassen. Gebraucht habe ich ihn nicht, denn einer der Iren hatte sich seinen Wecker noch etwas früher gestellt und war aufgestanden. ^^ Der erste Blick nach draußen sah vielversprechend aus:
Also habe ich mich fix angezogen und bin weiter auf den Berg hochgeklettert. Aus irgendeinem Grund war ich der Meinung der Sonnenaufgang müsste auf der anderen Seite sein… aber je höher wir kammen umsomehr verdichteten sich die Hinweise das der Sonnenaufgang quasi über der Hut sein würde.
War er irgendwie auch, aber da sehr schnell wieder Wolken und Nebel angezogen kamen, haben wir davon nicht so viel gesehen.
Jonas hat sich dann zügig auf den Rückweg gemacht – irgendwie hatte er nur Flip-Flops an. ^^ Ich habe noch etwas abgewartet und insgeheim auf so einen Hammer-Moment wie bei unserer ersten Hut-Übernachtung gewartet…
Aber außer einem Hirsch den ich in der Ferne röhren hörte keine besonderen Vorkomnisse. Also zurück und ein schönes warmes Frühstück gekocht. Nach dem Frühstück hatte uns der Nebel wieder komplett umhüllt und so ging es mit den Rucksäcken ins „Ungewisse“.
Da wir wegen dem Nebel nicht viel in die Ferne sehen konnten haben wir uns die subalpine Flora etwas genauer angeguckt. Zwischen dem ganzen Gras („Tussock“) wachen so wunderschöne kleine Pflänzchen. ❤
Immer mal wieder zog der Nebel doch über den Bergkamm hinweg und wir konnten etwas weiter gucken. Einmal sogar bis zum Meer!
Nach einem hübschen kleinen Bergsee („Tarn“) kam dann auch schon die Spitze von Mt Holdsworth in Sicht.
Natürlich geht’s da aber nicht ohne einen weiteren Anstieg hinauf. *schauf*
Oben angekommen hatten wir eine schöne Aussicht – dafür, dass wir die meiste Zeit im Nebel gegangen sind?! Wir haben uns ein bisschen gefühlt wie im Auge eines Sturms, denn um uns herum waren überall Wolken. Ein guter Ort für eine Mittagspause!
Und dann war es auch nicht mehr weit zur Powell Hut. Während dem letzten Abstieg lichteten sich die Wolken immer mehr…
… und schon hatten wir die Hütte erreicht!
Auch hier sind nach und nach (als wir ankamen war es nicht mal drei) andere Wanderer angekommen, aber irgendwie blieb in dieser noch deutlich größeren Hut jeder für sich… Wir haben dann mal ungefähr sechs Folgen „Breaking Bad“ angeguckt. Kann man machen. ^^
Tag 3: Powell Hut zum Parkplatz
Wir sind super früh ins Bett gegangen und da war es am nächsten Morgen auch kein Problem wieder vor dem Sonnenaufgang aufzustehen. Zuerst haben wir uns einen Tee gemacht und durch die großen Fenster nach draußen gespäht, denn es war richtig stürmisch. Selbst in der Hut konnten wir den Wind spüren, hören und es war kalt.
Ich musste dann doch raus, schließlich kündigte sich ein super Sonnenaufgang an. Und wir wurden nicht enttäuscht. ❤
Sooo schön! Ja, dafür gehen wir Trampen! Und wir haben es so gut erwischt – zwei andere Wanderinnen kamen sehr bald von ihrem Versuch auf den Bergkamm zu gehen zurück. Es war viel zu windig um an diesem Tag über den Grat zu gehen, die beiden sind also zurück gegangen zum Parkplatz. Etwas später haben wir uns dann auch an den Abstieg gewagt.
So lange wir noch über der Baumgrenze waren war auch das recht abenteuerlich, denn starke Böhen wollten einen manchmal einfach umwerfen. Ein zwei Mal habe ich mich zur Sicherheit lieber mal auf den Boden gesetzt und abgewartet. Zurück im Buchenwald wurde der Wind deutlich schwächer. Mich hat es fasziniert wie unterschiedlich der Abstieg zum Aufstieg war. Beim Aufstieg war überall Nebel, der auch die Geräusche sehr stark reduziert. Bis auf mein Reuchen war es ganz stil. Beim Abstieg pfiff der Wind durch die Bäume und es war richtig laut.
Der Abstieg war relativ einfach und die Strecke auch nicht so viel, deshalb haben wir unterwegs noch ein paar Caches gesucht. Von einem Aussichtspunkt konnte man sogar beide Hütten sehen und damit den Bergkamm, den wir am Tag vorher überquert hatten. Und wir hatten eine tolle Sicht in die Ebene (was wir ja von den Bergen nicht wirklich hatten)!
Ich habe die Hütten eingekreist, weil man sie sonst wirklich nicht erkennt, aber genau da waren sie. ^^ Zur Mittagspausen-Zeit waren wir schon wieder unten beim Parkplatz und konnten unsere letzten Vorräte auf einer großen Bank in der Sonne genießen.
We did it – again! 🙂 – Der Holdsworth-Jumbo-Circuit ist eine klasse Wanderung für Anfänger und Fortgeschrittene. Man könnte ihn auch in zwei Tagen gehen. Für uns waren die Tagesstrecken in Ordnung und wir hatten so zwei Hüttenübernachtungen und zwei tolle Sonnenaufgänge. Die zweite Übernachtung war sogar kostenlos, denn bereits bei der Übernachtung in der Jumbo-Hut haben sich die Kosten unserer Backcountryhutpässe amortisiert. So haben wir quasi für insgesamt 22 Dollar in diesen tollen Hütten übernachten können. Diese Hütten bieten jede Menge Platz und haben sogar Gaskocher und Gas! Während der Hauptsaison (Labour-Weekend bis Osterwochenende) muss man die Hütten daher vorher buchen. Für uns war diese Saison gerade rum – yay! ^^
Ich kann nur jedem raten, auch mit einem kleinen Zeitbudget, eine mehrtägige Wanderung in Neuseeland zu machen. Es muss ja nicht unbedingt ein „Great Walk“ sein, es gibt so viele kleine, günstigere und trotzdem sehr gute Tracks. Nirgends auf der Welt gibt es ein so gut ausgebautes Netz an Wegen und Hütten. Es ist also eine weitere Einzigartigkeit von Neuseeland. 😉 Und es ist jedes Mal ein tolles Gefühl es geschafft zu haben! Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß und haben uns damit selbst bewiesen: Tramping geht auch prima auf der Nordinsel! Mal sehen ob sich noch mal die Gelegenheit für einen Trip ergibt… jetzt muss ich erst mal „meine“ Farm füttern. 😉 Bis bald, liebe Grüße Franzi